von Felix Schmale [01.04.2024]
In meinem geschichtskritischen Ansatz orientiere ich mich an Foucaults Begriff der Kritik. Er definiert ihn als »[…] die Bewegung, in welcher sich das Subjekt das Recht herausnimmt, die Wahrheit auf ihre Machteffekte hin zu befragen […]« (Foucault, 1992, S. 15). Dabei soll es um die Rahmung der Fotojournalismus-Geschichte innerhalb des Diskurses der Fotografie-Geschichte und der zeitgenössischen Überlieferung gehen.
Der Fotojournalismus wird in der Fotografie-Geschichtserzählung aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Es ist erkennbar, dass ein Trend besteht, diesen Teil der Fotografie mit einem kunsthistorischen oder bildwissenschaftlichen Vokabular zu beschreiben. Dabei liegt der Fokus auf den 'großen Meistern', während weniger dominante Individuen (die oft ökonomisch irrelevanter sind) ausgelassen werden. Es besteht ein gewisses Interesse an Vollständigkeit, wodurch Geschehnisse künstlich und im Nachhinein als natürlich aufeinanderfolgend wirken. Dies entspricht jedoch in den seltensten Fällen der Wirklichkeit.
Bezogen auf die Geschichte des Fotojournalismus lässt sich festhalten, dass es keine historische Kompletterzählung des Fotojournalismus gibt (vgl. Weise, 1989, S. 17). Solomon-Goudeau sagt über die Geschichte der Fotografie: »I would submit that the history of photography is not the history of remarkable men, much less a succession of remarkable pictures, but the history of photographic uses« (Solomon-Godeau, 2009, S. xxiv). Ausgehend von dieser These kann der Fotojournalismus als eine Form der Verwendung von Fotografie (im Allgemeinen) verstanden werden, die in einem ständigen Verhältnis zu vorherrschenden Machtgefügen steht. Oder um es in den Worten von John Tagg zu sagen: »Ihre Geschichte hat keine Einheit. Es handelt sich um ein ständiges Oszillieren innerhalb eines Feldes institutioneller Räume. Es ist dieses Feld, das wir untersuchen müssen, nicht die Fotografie als solche.« (Geimer, 2009, S. 71; zit. nach Tagg, 1993, S. 118).
Die Geschichte des Fotojournalismus ist sowohl eine Geschichte von Bildern als auch von Individuen, die in einem Netzwerk in Beziehung zur Zeitgeschichte stehen. Bis heute prägt sie ein Berufsbild, auf das sich eine ganze Industrie beruft. Allerdings wird sie oft romantisiert und kontextfrei erzählt. Ein normatives Verständnis kann dabei helfen, den Fotojournalismus von heute zu verstehen und für die Zukunft zu entwickeln.
Im Folgenden werden zwei Beispiele angeführt, an denen die zuvor genannten Thesen erkennbar sind. Bei diesen Beispielen handelt es sich um willkürlich ausgewählte Themen, die meinem persönlichen Forschungsinteresse entsprechen und darüber hinaus auch in der Literatur umfassend vertreten sind. Sie können als repräsentativ für andere Themen angesehen werden.
Foucault, M. (1992). Was ist Kritik? (W. Seitter, Übers.). Merve-Verl.
Geimer, P. (2009). Theorien der Fotografie zur Einführung. Junius.
Solomon-Godeau, A. (2009). Photography at the dock: Essays on photographic history, institutions, and practices (5. print). Univ. of Minnesota Press.
Tagg, J. (1993). The burden of representation: Essays on photographies and histories. University of Minnesota press.
Weise, B. (1989). Pressefotografie. I. Die Anfänge in Deutschland, ausgehend von einer Kritik bisheriger Forschungsansätze. FOTOGESCHICHTE Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie., Heft 31, 15–40.
Schmale, Felix. “Fotojournalismus – eine geschichtskritische Betrachtung”.
In Fotojournalismus.net. Dortmund.
https://fotojournalismus.net/fotojournalismus-geschichtskritische-betrachtung/ (01. April 2024).
fotojournalismus.net – ISSN: 2943-324X – Impressum + Datenschutz